„Liebe mich, wenn ich es am wenigsten verdiene!“ Wir alle kennen diesen Spruch oder? Aber haben wir mal wirklich darüber nachgedacht, oder ihn auf uns übertragen?

Genau das möchte ich heute gemeinsam mit dir machen und mal die Gefühle ergründen, die wir immer meinen, nicht fühlen zu dürfen. Die wir hassen und versuchen loszuwerden. Du wirst nach diesem Beitrag verstehen, wieso es so wichtig ist, gerade mit diesen Gefühlen zu arbeiten und zu lernen, sie liebevoll anzunehmen.

Wenn wir mal ein bisschen tiefer drüber nachdenken, haben wir alle Emotionen und Gefühle in uns, die wir uns nicht erlauben zu fühlen oder die wir in schlechte, ungemütliche und unangenehme Gefühle einteilen. Aber warum ist das so?

Wir bekommen schon früh von Zuhause, unseren Eltern, unseren Bezugspersonen und auch in der Schule, beigebracht, wie wir zu sein haben, wie wir uns zu verhalten haben, welche Gefühle in Ordnung seien und welche nicht. Wir, oder besser gesagt, die Menschen in unserem sozialen Umfeld, haben damit ein Bild von uns erschaffen. Sozusagen unser Idealbild. So gesehen werden wir heute hart ausgedrückt in eine gewisse Form gepresst, mit der wir in der Welt optimal funktionieren sollen.

Ich möchte vorweg sagen, dass wir unseren Eltern und all den Menschen, die im Prinzip das mit uns gemacht haben, niemals Vorwürfe machen sollten oder überhaupt Schuldige suchen sollten, denn der Fehler liegt in unserer Gesellschaft und nicht bei den einzelnen Personen. Sie wussten und wissen es wahrscheinlich nicht besser. Und das ist völlig normal.

Jedoch ist dabei ziemlich viel passiert. Wir haben uns nicht aus unserem Wesenskern heraus entwickelt und damit nie all die Gefühle, Sehnsüchte und Wünsche, die tief in uns drinstecken, wirklich ausleben können. Wir haben schon früh gelernt, welche Gefühle nicht erlaubt sind und damit haben wir sehr viele von ihnen unterdrückt, die für uns jedoch eigentlich sehr wichtig sind. Denn wenn wir diese Gefühle unterdrücken, verschwinden sie nicht einfach, sondern werden gespeichert, ohne aber die Möglichkeit zu bekommen, sich auszudrücken.

Obwohl wir heute eigentlich freie, erwachsene Menschen sind, haben wir nie gelernt, mit unseren Gefühlen in Kontakt zu treten und all unsere Seiten zu leben. In den meisten Fällen haben wir gar keinen Kontakt mehr zu unseren tiefen Emotionen, was super verständlich ist. Schließlich haben wir es nie gelernt.

Ich möchte dir ein Beispiel dafür geben: Unsere Kinder lernen zu sprechen, weil wir mit ihnen reden. Wenn ein Kind jedoch ohne Worte von außen aufwachsen würde, würde es auch niemals sprechen können.

Das Gleiche gilt für die Sprache zu deiner Innenwelt. In unserer Gesellschaft lernen wir sie leider viel zu selten und müssen dadurch, wenn wir damit beginnen wollen, sie zu lernen, quasi ganz von Vorne anfangen, Vokabel für Vokabel.

Die Abtrennung von unserem eigentlichen „ICH“ ist das, was uns so sehr leiden lässt und dafür sorgt, dass wir häufig das Gefühl haben, unser Leben sei sinnlos und wir würden einfach nur funktionieren. Wir spüren dann oft das Gefühl irgendwie niemals ankommen zu können. Und so ist es auch. Denn wir haben unser inneres Zuhause nie gefunden.

Und ich verrate dir jetzt ein Geheimnis.

Das, was in unserer Gesellschaft als „schlecht und schwach“ angesehen wird – also deine vermeintlich negativen Emotionen – können dir wieder den Weg zu deiner Innenwelt zeigen. Doch so lange wir diese Gefühle durchgehend verdrängen, sie versuchen zu regulieren und unser Glück stattdessen im Außen suchen – zum Beispiel durch den perfekten Partner, den Traumjob, Essen oder das Perfektionieren unseres Körpers – können wir dieses Tor niemals finden. Dabei ist dieses Tor der einzige Eingang zu wahrem Glück und zur wirklichen Freiheit.

Deswegen sage ich auch immer wieder, dass emotionales Essen für uns ein Geschenk sein kann, wenn wir es als Wegweiser erkennen.

Ich will es noch ein wenig verständlicher machen: Wenn wir als Kind zum Beispiel Trauer empfunden haben, weil wir die Liebe und das Verständnis unserer Eltern nicht so bekommen haben, wie wir es uns gewünscht hätten, dann kann diese Trauer nicht einfach verschwinden, nur weil wir sie ignorieren oder unterdrücken. Sie sitzt dann IMMER NOCH als unterdrückte Emotion in uns, die dafür sorgt, dass wir NIE inneren Frieden finden können. Sie wird wahrscheinlich immer aktiv werden, wenn uns Jemand mit Unverständnis entgegenkommt oder uns das Gefühl gibt, nicht liebenswert zu sein. Genauso wird es wahrscheinlich immer passieren, dass wir Bestätigung bei unseren Mitmenschen suchen. Das kann dann zum Beispiel auch der Grund dafür sein, wieso wir nie die Chance bekommen, eine glückliche Beziehung zu führen.

Deswegen ist es so wichtig, dass wir lernen uns emotional zu begleiten, anstatt all die Emotionen ersticken zu lassen. Denn egal, wie viel du tust und probierst, die Anteile in uns, die sich angegriffen, gedemütigt und alleingelassen fühlen, werden nicht einfach verschwinden. Auch dann nicht, wenn du es schaffst, sie erfolgreich zu verdrängen. Früher oder später werden sie sich immer wieder ein neues Ventil suchen.

Deswegen dürfen wir all diesen Gefühlen, Bedürfnissen und Sehnsüchten Raum geben und ihnen bewusst begegnen. Denn solange du das nicht tust, wirst du immer das Gefühl haben, irgendwie noch weitermachen zu müssen und noch mehr im Außen erreichen zu müssen, um glücklich zu sein. Die verletzten Anteile und dein Wesenskern werden immer das Gefühl haben, keinen Platz in dieser Welt zu bekommen. Und innerlich wirst du stets das Gefühl haben, irgendwie nicht richtig zu sein.

Wir dürfen also die Perspektive wechseln und erkennen, wie häufig wir im Leben eigentlich nur handeln, um tiefe Verletzungen nicht zu fühlen. Nur wenn wir nach und nach aus diesem Schutzprogramm austreten, können die eigentlichen Verletzungen, die geheilt werden möchten, sichtbar werden. Alles, was wir innerhalb unseres Schutzprogrammes versuchen zu lösen, wird nicht dazu beitragen, dass wir innerlich Ruhe finden.

Das ist übrigens auch der Grund, weshalb es möglich ist, ein Schutzprogramm zu verlagern. So kann es zum Beispiel passieren, dass du dich von deinen Fressanfällen löst, indem du in den Sportwahn fällst, weil du damit einfach nur etwas Neues findest, mit dem du deine unbearbeiteten Emotionen überspielen kannst. Geheilt bist du dadurch natürlich nicht, wie es leider viel zu oft zum Beispiel bei Instagram gezeigt wird. Abgesehen davon, dass es in den meisten Fällen nicht gelingt, ist das natürlich nicht erstrebenswert und dein eigentliches Problem wirst du dadurch letztendlich niemals wirklich lösen können.

Du kannst dich stets bei Allem fragen, ob du wirklich so sein oder handeln möchtest. Wenn bei dem Gedanken, anders zu handeln, Angst oder Panik aufkommen, kannst du davon ausgehen, dass ein Schutzprogramm aktiv ist.

Das bedeutet, wenn wir unseren zutiefst verletzten, inneren Anteilen begegnen, bedarf es einem komplett neuen Umgang mit unseren Gefühlen. Ansonsten werden wir immer in einer Art Scheinwelt bleiben, die wir uns erschaffen haben um mit dem tiefen Kern unseres Selbst nicht in Berührung zu kommen. Und solange werden wir zum Beispiel immer das Essen brauchen, um zu regulieren und uns sozusagen zu narkotisieren.

Deswegen ist es wichtig, dass du damit beginnst, hinter deine aufgebauten Themen zu blicken und zu erkennen, was hinter deinen Schutzprogrammen liegen könnte.

Um auf unseren ersten Satz zurückzukommen: „Liebe mich wenn ich es am wenigsten verdiene“ meine ich damit, dass diese negativen Emotionen und die damit verbundenen Schutzmaßnahmen von unserem inneren Kritiker begleitet werden. Schaue dir dazu auch gerne nochmal den Beitrag an, in dem ich ausführlich über diesen inneren Kritiker spreche.

Wir dürfen lernen, uns in genau der Form liebevoll anzunehmen, in der wir gesellschaftlich betrachtet „schwach“ sind und unseren Emotionen Raum geben. Denn genau das ist eigentlich das Gegenteil von Schwäche. Es zeigt unglaublich viel Stärke.

Ich hoffe sehr, dass ich dir mit diesem Beitrag nochmal mehr verdeutlichen konnte, dass es niemals in erster Linie darum geht, unser emotionales Essverhalten loszuwerden, sondern darum, die Gründe dafür in der Tiefe zu bearbeiten. Nur so können wir wahre und echte emotionale Freiheit erlangen, die sich dann auch in unserem ganzen Leben widerspiegeln wird. Denn ein gestörtes Essverhalten oder ein gestörtes Verhältnis zum eigenen Körper ist immer nur ein Symptom.

Teile wie immer gerne deine Gedanken mit mir!

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